Dass er auf die Albaner nicht gut zu sprechen ist, hatte Ivan Bogdanov schon bei seinem ersten großen Auftritt deutlich gemacht. Im Oktober 2010 war der Serbe nach Genua gereist und am Rande des Länderspiels Italien gegen Serbien in schwere Krawalle verwickelt. Mehr noch: Er wurde ihr Gesicht.
Bogdanov, Kampfname „Ivan der Schreckliche“, saß auf dem Zaun des Stadions, durchschnitt mit einer Kombischere das Ballnetz, zeigte den Hitlergruß, verbrannte eine albanische Flagge und stiftete die Hetzjagd auf den serbischen Keeper Wladimir Stojkovic an, der von Bogdanovs Lieblingsklub Roter Stern zu Partizan Belgrad gewechselt war.
17 Menschen waren damals bei den schweren Ausschreitungen verletzt worden, das EM-Qualifikationsspiel wurde nach nur sieben Minuten abgebrochen. Italien gewann die Partie kampflos mit 3:0, der serbische Verband musste 120.000 Euro Strafe zahlen und in der Folge ein Geisterspiel absolvieren.
Der mutmaßliche Rädelsführer Bogdanov wurde tags darauf beim Versuch, das Land im Motorhohlraum eines Fanbusses zu verlassen, verhaftet und im März 2011 von einem Gericht zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Seine vorzeitige Entlassung folgte im April 2013. Nun ist Bogdanov laut serbischen Medienberichten wieder in Erscheinung getreten.
Bogdanov war offenbar Teil der Meute, die am Dienstag beim Spiel gegen Albanien das Feld stürmte und auch diesmal für einen Abbruch des Spiels sorgte. Provoziert worden war der Platzsturm durch eine Drohne, die eine großalbanische Flagge ins Stadion schweben ließ. Damit steht seine damalige Argumentation vor Gericht, die Taten in Genua seien nicht politisch motiviert gewesen, umso mehr infrage.
Leuchtraketen und Rauchbomben segelten aufgrund der fliegenden Flagge durch das Stadion, Rowdys stürmten zudem den Innenraum, albanische Spieler wurden attackiert, lieferten sich auch handgreifliche Auseinandersetzungen mit serbischen Akteuren. Etliche Fotos und Videos belegen Bogdanovs Anwesenheit.
Weil die Sicherheit nicht mehr garantiert war und die Albaner nicht mehr antreten wollten, brach der englische Referee Martin Atkinson die als Hochsicherheitsspiel eingestufte Begegnung beim Stand von 0:0 in der 41. Minute ab.
„Wir hätten weitergespielt, aber die Albaner sahen sich dazu nicht in der Lage“, ätzte Serbiens Kapitän Branislav Ivanovic. Albaniens Nationaltrainer Gianni De Biasi verteidigte diese Vorgehensweise. Als eine „Situation höchster Gefahr“ beschrieb er die Minuten auf dem Spielfeld, „meine Spieler wurden von serbischen Ordnern angegangen. Es war ein schrecklicher Moment.“
Polizei verhaftet vier Albaner
Eine Verlängerung gab es dennoch. In Österreichs Hauptstadt Wien beispielsweise demolierten Albaner zahlreiche serbische Cafés, die Polizei verhinderte Schlimmeres. Der mutmaßliche Drahtzieher des Drohnenfluges, Olsi Rama, der Bruder des albanischen Regierungschefs, wurde wie drei weitere Mitglieder der albanischen Delegation noch im Stadion in Gewahrsam genommen. Erst als er auf der Polizeiwache nach langen Verhandlungen seinen US-amerikanischen Pass vorlegte, wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Er beteuert öffentlich seine Unschuld.
Die Uefa wies unterdessen jede Mitschuld von sich. Während der Verband beispielsweise in der Vergangenheit Armenien und Aserbaidschan wegen angespannter politischer Beziehungen nicht gegeneinander spielen ließ, sahen sich die Funktionäre bei der brisanten Paarung zwischen Serbien und Albanien nicht zu einer „Trennung“ gezwungen. „Hierfür gab es keinen wirklichen Grund“, sagte ein Sprecher dem „Guardian“: „Die beiden Fußballverbände hatten sich nach der Auslosung nur darauf verständigt, die Partien ohne Gästefans auszutragen.“
Schon im Februar 2011 hatte Uefa-Präsident Michel Platini Serbien bei weiteren Krawallen mit dem Ausschluss von kontinentalen Wettbewerben gedroht. Auslöser war der Auftritt von Bogdanov und seiner Schlägertruppe in Genua.