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Zytokinsturm als Grund für gefährliche Covid-19-Verläufe - das steckt dahinter

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Ein sogenannter Zytokinsturm wurde bereits bei vielen schwer kranken Coronavirus-Patienten nachgewiesen.
Ein sogenannter Zytokinsturm wurde bereits bei vielen schwer kranken Coronavirus-Patienten nachgewiesen. © picture alliance/dpa/Neil Hall

Wo manche eine Infektion mit dem Coronavirus mit einer Erkältung verwechseln, bringt sie bei anderen schwere Komplikationen mit sich. Eine maßgebliche Rolle spielen Zytokine.

Es gilt mittlerweile als gesichert, dass eine Infektion mit Coronaviren einen so genannten Zytokinsturm auslösen kann. Diese Überreaktion des Immunsytems begünstigt lebensbedrohliche Komplikationen wie etwa Thrombosen*, akutes Lungenversagen, Lungenentzündung, Atemnot und Entzündungen der Atemwege. Grund dafür ist ein deutlicher Anstieg von Zytokinen wie beispielsweise Interleukin-6, Interleukin-8, Interleukin-1β und TNF-α. Mediziner beobachteten vor allem bei schwer kranken Patienten eine Hyperzytokinämie, wie ein Zytokinsturm fachsprachlich bezeichnet wird. Doch es gibt ein Medikament, das vielversprechende Wirkung gegen das gefährliche Phänomen verspricht.

Tocilizumab dockt an Zellen an, um Entzündungsreaktion zu stoppen

Es handelt sich um den monoklonalen Antikörper Tocilizumab, ein Wirkstoff, der einen Zytokinsturm verhindern kann. Tocilizumab blockiert die Zellrezeptoren, die Zytokine im Körper benötigen, um Entzündungen auszulösen. Vor dem Hintergrund, dass die Abwehrzellen von Covid-19-Patienten zu viel Interleukin-6 freisetzen und es so zu schweren entzündlichen Reaktionen kommt, setzen Mediziner aktuell große Hoffnungen in Präparate mit Tocilizumab.

Chinesische Mediziner haben bereits Anfang Februar Covid-19-Patienten mit Tocilizumab behandelt. In einer Studie veröffentlichten sie nun die Folgen der Therapie. So war das Fieber bei allen Patienten bereits nach einem Tag auf normale Körpertemperatur gesunken. Auch andere Symptome* hätten innerhalb weniger Tage bemerkenswert nachgelassen, heißt es in der Veröffentlichung. Wie die Pharmazeutische Zeitung berichtete, konnte nach dem fünften Behandlungstag mit Tocilizumab die Sauerstoffzufuhr bei 15 von 20 Patienten zurückgefahren werden. Ein Patient benötigte keine Sauerstoffzufuhr mehr. Auch die Zahl der Lymphozyten (ein erhöhter Lymphozyten-Wert im Blut zeigt eine Entzündung oder Infektion an) hatte sich nach fünf Tagen Therapie normalisiert. Im Schnitt konnten die behandelten Personen nach 15 Tagen im Krankenhaus entlassen werden. Allerdings müssten die Forschungsergebnisse den Wissenschaftlern zufolge noch in Studien mit mehr Patienten überprüft werden, um die Wirksamkeit zu bestätigen.

Zur Studie

Lesen Sie auch: Das passiert bei einer Coronavirus-Infektion im Körper.

Zytokinsturm durch Inflammaging?

Auch andere Medikamente werden aktuell auf ihren Nutzen gegen die schwere Immunüberreaktion getestet. Dazu zählt etwa der Enzymhemmstoff Ruxolitinib.

Als Ursache für einen Zytokinsturm wird unter anderem das sogenannte Inflammaging diskutiert. Der Begriff beschreibt eine Ansammlung altersbedingter entzündlicher Vorgänge im Körper*, die körpereigene Abwehr ist ständig gefordert. Ein neuer Erreger könnte das Immunsystem der Inflammaging-Theorie zufolge dazu veranlassen, eine gefährliche Überreaktion und auch einen Zytokinsturm einzuleiten.

Mehr Quellen: www.aerzteblatt.de; www.thelancet.com; www.the-scientist.com

Weiterlesen: Coronavirus: Diese drei Faktoren entscheiden, ob Covid-19 kritisch verläuft.

jg

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