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Der eigene Bauch bremst Maria Riesch noch

Sie ist die Frontfrau des alpinen Skisports in Deutschland. Im vergangenen Winter gewann Maria Riesch den Weltcup in der Kombination und im Super-G. Bei WELT ONLINE spricht die 24-Jährige über ihre Saisonziele, den Geschwindigkeitsrausch, Verletzungen, ihre Schwester und ihre Fernseh-Vorlieben.

WELT ONLINE: Wollen Sie Ihr Image wechseln, da Sie neuerdings mit dunklen statt blonden Haaren antreten, Frau Riesch?

Maria Riesch: Nö, nur eine andere Farbe, einfach mal was anderes.

WELT ONLINE: Sind Sie in dieser Saison nach Ihren von Verletzungen und Rehabilitation bestimmten Jahren endlich reif zu zeigen, was die Fachwelt längst von Ihnen erwartet: den Sieg im Gesamtweltcup?

Riesch: Das kann man nicht planen. Wir haben gut trainiert, aber es gibt keine Garantie, dass man eine Supersaison hat.

WELT ONLINE: Hilft es der Psyche, dass Ihre amerikanische Freundin Lindsay Vonn im vorigen Jahr den Gesamtweltcup gewonnen hat? Weil Sie wissen, dass Sie es dann auch können?

Riesch: Das würde ich nicht behaupten. Lindsay war in der Abfahrt die überragende Fahrerin der vorigen Saison, sodass sie nur mit den Abfahrtspunkten den Gesamtweltcup gewonnen hätte. In den anderen Disziplinen hat sie nur ein bisschen nebenher ’rumgepunktet. Dann hatte sie das Glück, dass Niki Hosp und Marlies Schild am Ende geschwächelt haben. Diesmal aber hat sie auch noch gleich den ersten Slalom gewonnen.

WELT ONLINE: Können Sie nach Ihren Verletzungen inzwischen wieder die Berge hinunterrasen, ohne im Unterbewusstsein eine Bremse zu spüren?

Riesch: Ich glaube nicht, dass ich jetzt in entscheidenden Situationen noch zu viel Vorsicht habe. Wenn man voll unter Strom ist, wenn man während des Laufes merkt, dass es brutal gefährlich wird, macht man es eher aus dem Bauch heraus. Und meiner sagt mir dann vielleicht inzwischen eher Vorsicht als volles Risiko. Aber ich bin dennoch immer noch ein Renntyp, ein risikofreudiger Typ. Man muss wissen, wann man etwas riskieren kann – und wann es zu viel des Guten ist.

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WELT ONLINE: Also ist die Unsicherheit nach zwei Kreuzbandrissen komplett weg?

Riesch: Das war mehr in meiner Comebacksaison vor zwei Jahren. Da hatte ich Probleme, im Slalom und Riesenslalom vom Timing wieder voll draufzusteigen. Aber dann braucht man viel Training und Erfahrung. Die habe ich jetzt wieder.

WELT ONLINE: Ihre Schwester Susanne ist vor zwei Jahren mit einem fünften Platz in Levi emporgeschossen, sodass viele ein Schwesternpaar in der Weltspitze erwartet haben. Warum hat Susanne sich bisher nicht so durchsetzen können wie Sie?

Riesch: Man kann uns nicht vergleichen, weil sie eine Spezialistin ist, eine Slalomfahrerin. Sie hatte es auch nicht so leicht, weil sie immer in meinem Schatten gestanden ist und sie jeder mit mir verglichen hat. Da ist sie mit dem Erwartungsdruck und auch mit den eigenen Erwartungen nicht ganz so locker und cool umgegangen. Inzwischen kann sie das ausblenden.

WELT ONLINE: Hat diese Konkurrenz Ihr persönliches Verhältnis belastet?

Riesch: Ich habe nicht das Gefühl, dass da Eifersucht ist, sondern dass sie sich mit mir freut und dass sie mir voll vertraut. Aber sie ist sowieso nicht so der Rede-Typ. Sie macht alles mehr mit sich ab. Wenn sie mich braucht, weiß sie, dass sie zu mir kommen kann.

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WELT ONLINE: Fühlen Sie sich reifer und erwachsener durch die Erfahrungen in den vergangenen Jahren?

Riesch: Andere finden das. Ich selbst merke gar nicht so sehr, dass ich mich verändere. Aber die Verletzungszeit hat mich vom Charakter schon geprägt. Meine Einstellung zu einigen Dingen ist anders, professioneller geworden.

WELT ONLINE: Das heißt, dass Sie auch insofern selbstständig geworden sind, als dass Sie jetzt in Ihrer eigenen Wohnung leben und nicht mehr zum Wäschewaschen zu Ihren Eltern fahren?

Riesch: Nein, schon lange nicht, das mache ich alles selbst. Ich hatte noch viele Sachen zu Hause, als ich mit meinem Freund in dessen Wohnung gewohnt habe. Da wollte ich noch nicht so richtig daheim ausziehen, aber ich habe mir im Oktober meine Eigentumswohnung gekauft. Seitdem habe ich keine Sachen mehr bei meinen Eltern. Mein altes Zimmer hat meine Schwester, ihr altes mein Bruder mit seiner Freundin. Ich hänge jetzt nicht mehr so viel daheim herum. Nur ab und zu zum Essen, Kaffeetrinken oder um mit meiner Mama zu reden. Insgesamt bin ich schon selbstständiger.

WELT ONLINE: Nur im Straßenverkehr lassen Sie die große Vernunft offensichtlich nicht richtig zu: Sie gönnen sich die schnellen Autos.

Riesch: Das hat nichts mit Vernunft oder Unvernunft zu tun. Das ist ein Spaßfaktor, den ich mir gönne. Ich habe mir 2007 den Audi R8 gekauft, einen kleinen schwarzen, ein Rennauto wie ein Porsche. Felix Neureuther (ein Alpinkollege, d.Red.) hat sich einen Porsche gekauft und ich einen R8. Man hat ja beim Skiverband nur die freie Autowahl beim Sponsor, wenn man in einer Disziplin Top 5 ist. Das war ich damals nicht. Aber den R8 hätte ich sowieso nicht wählen können.

WELT ONLINE: Fährt Ihr Kollege Neureuther genauso rasant wie Sie?

Riesch: Felix fährt viel krasser, also Hilfe. Mit Felix würde ich nicht mitfahren. Aber Spaß beiseite. Wir wollten mal einen Tausch machen: er mit meinem, ich mit seinem.

WELT ONLINE: Wo können Sie so einen Rennwagen überhaupt ausfahren?

Riesch: Es gibt nicht so viele Möglichkeiten, ihn auszufahren. Außerdem ist es mir zu stressig. So mit 200 Stundenkilometern auf der Autobahn, wenn nicht viel los ist, geht es gerade noch. Da kann man noch entspannt fahren. Aber bei über 220, 230 muss man immer schon schauen, dass ja keiner ausschert. Und es dauert dann wirklich beim Bremsen, bis man wieder unten ist. Deswegen fahre ich nicht so oft so megaschnell.

WELT ONLINE: Wie viel ist megaschnell?

Riesch: So 250.

WELT ONLINE: Das fährt Ihr Auto?

Riesch: Sogar noch schneller, glaube ich. Der fährt 300. Ich hatte vor ein paar Jahren mal einen Audi RS 6. Mit dem habe ich einmal am Autobahnende von München nach Garmisch, wo es ganz lang ganz gerade geht, geschaut, was geht. Bei Tacho 300 kam dann leider die 120-km/h-Begrenzung, dann 100, dann 80. Da bin ich mal ordentlich in die Eisen gestiegen, hatte aber immer noch Tempo 114 in der 80er-Zone. Da bin ich gleich geblitzt worden und habe den Führerschein abgegeben. Seitdem ist aber nichts mehr passiert. Und ich fahre auch ordentlich. Ich hatte ja zwei Mal den Führerschein weg innerhalb von sehr kurzer Zeit. Im Juni und vorher im Januar 2005. Da war es aber nicht so schlimm – da war ich eh verletzt. Seitdem sehe ich inzwischen auch die Schilder mit den roten Ringen. Ich fahre nie mehr als 20 Stundenkilometer drüber.

WELT ONLINE: Sie haben Ihre Sommerpause zu einem zweiten Abstecher ins Filmgeschäft genutzt: Nach „Marienhof“ nun eine Gastrolle in „Sturm der Liebe“. Können Sie sich vorstellen, nach der Skikarriere als Schauspielerin Fuß zu fassen?

Riesch: Eher nicht, nein. Ich glaube nicht, dass ich so eine gute Schauspielerin bin. Ich kann mich nur schwer verstellen. Ich kann mich zwar in andere Leute hineinversetzen und mich mit ihnen identifizieren. Aber sie selbst spielen: nee. Und dass ich immer mich selbst spiele, so wie jetzt, passt glaube ich nicht so gut in die Sendungen. Jetzt ist es nur ganz interessant, mal etwas anderes zu machen. Einfach mal ein bisschen Abwechslung, mal die Leute kennenlernen, die man manchmal vielleicht sogar täglich im Fernsehen sieht.

WELT ONLINE: Was gefällt Ihnen an Seifenopern?

Riesch: Unkomplizierte Handlung, teilweise ein bisschen kitschig. Zum Entspannen auf der Couch sehr angenehm, da muss man sich nicht so konzentrieren. Fast alle Mädels in meinem Team schauen das. Von 17.30 Uhr bis 20.15 Uhr kann ich mich ganz gut beschäftigen vor dem Fernseher. Bei mir geht’s im Wesentlichen um ARD und RTL. Das können wir auch in vielen Hotels sehen, wenn wir im Winter unterwegs sind.

WELT ONLINE: Haben Sie im Fernsehen auch nachmittags Radrennen oder die Tour de France angesehen?

Riesch: Ja, hin und wieder. Aber seit den brutalen Dopingskandalen vor ein paar Jahren mit den Gedanken: Wahrscheinlich sind die eh alle vollgepumpt.

WELT ONLINE: Können Sie daher die Entscheidung der Fernsehchefs verstehen, aus der Berichterstattung auszusteigen?

Riesch: Eigentlich ja. Im Radsport ist schon so viel vorgefallen. Und es hilft alles nichts. Die ganzen Skandale, deswegen ist der Ausstieg die logische Schlussfolgerung. Nur: Wahrscheinlich wird es auch nichts helfen. Welche Sponsoren wollen denn mit so einer Sportart noch etwas zu tun haben? Da kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es da noch lange welche gibt.

WELT ONLINE: Bei Ihnen im alpinen Skisport gibt es nur sehr selten Positivfälle, obwohl Muskeln auch eine entscheidende Rolle spielen. Herrscht da großer Verdacht untereinander?

Riesch: Bei uns im Team ist das überhaupt kein Thema. Wir alle unterwerfen uns regelmäßig den gängigen Antidopingregularien. Wir haben ordentliche Trainingspläne, intensiv über die Monate im Sommer. Bis jetzt hat das auch ganz gut funktioniert ohne solchen Mist. Es gibt auch gute Methoden, auf sauberem Weg den Muskelaufbau zu unterstützen.

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