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Das vibrierende Leben der Fechterin Britta Heidemann

Britta Heidemann im kleinen Lilanen. So viel Trefferfläche bietet die Fecht-Olympiasiegerin auf der Planche sonst nie Britta Heidemann im kleinen Lilanen. So viel Trefferfläche bietet die Fecht-Olympiasiegerin auf der Planche sonst nie
Britta Heidemann im kleinen Lilanen. So viel Trefferfläche bietet die Fecht-Olympiasiegerin auf der Planche sonst nie
Quelle: © Georg Tedeschi / Roba Press
Fecht-Olympiasiegerin Britta Heidemann hat auch abseits der Planche Karriere gemacht. Jetzt lehrt sie ihr Lebensmotto: "Erfolg ist eine Frage der Haltung".

Eigentlich ist ja Französisch die Sprache im Fechtsport, aber Britta Heidemanns Talent beschreibt am besten ein verenglischtes Wort: Multitasking-Fähigkeit. Nicht selten rätseln Trainer und Mittrainierende, wie die Fechterin den Stress als Spitzensportlerin, Unternehmerin, Rednerin, Autorin und Mediendarling so blendend meistert. Heidemann zuckt dann bloß belustigt die Achseln und pariert mit der Erinnerung an ihren mauen Saisonstart: „Dieses Frühjahr habe ich sonst keine Termine gehabt – und es war bislang meine schlechteste Saison. Ich kann die Menge an Auftritten nicht danach regulieren, welche Wettkämpfe ich habe. Sondern wie es mir guttut.“

Heidemann, 28, ist gelungen, woran Heerscharen deutscher Olympia-Teilnehmer gescheitert sind: Sie ist nachhaltig präsent geblieben in der Öffentlichkeit. „Ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass es mir an Aufmerksamkeit mangelt“, sagt die Kölnerin, was beinahe wie Koketterie klingt angesichts von Einladungen zu Vorträgen und Medienterminen en masse. Zuletzt etwa plauschte sie in der „NDR-Talkshow“ über ihre Profession(en) und piesackte dort einen TV-Comedian spielerisch mit ihrer Klinge.

Sonntag beginnt die WM auf Sizilien

Selbstverständlich ist die viele Aufmerksamkeit nicht. Zumal in einer Sportart, die selbst zu Höhepunkten wie den an diesem Sonntag beginnenden Weltmeisterschaften auf Sizilien (bis 16.10.) mühsam um Aufmerksamkeit buhlen muss. Doch gerade das vermeintliche Manko gerät für die eloquente Kölnerin zum Vorteil. Heidemann sagt: „Ich denke, dass Fechten eine Sportart ist, von der man viel an den Mann bringen kann.“ Und das tut sie.

Denn Heidemann verquickt herausragende sportliche Erfolge – als erste Degenfechterin vereinte sie den Weltmeister-, Olympiasieger- und Europameistertitel auf sich – mit einer Vita, die den Stempel „Karrierefrau“ verdient, auch wenn die amtierende EM-Zweite mit diesem Begriff wenig anzufangen weiß („Zu abgegriffen, zu eindimensional“).

Firma mit dem Bruder gegründet

Als Diplom-Regionalwissenschaftlerin Chinas begann sie 2009 als Projektmanagerin in einer Strategieberatungsfirma, gründete mit ihrem Bruder Gerrit die Firma „Events, Incentive & Testimonial“, wirbt als Markenbotschafterin für einen Autobauer in China, lehrt Spitzenmanager das Fechten, gibt Motivationsseminare und hat nun ein Buch geschrieben. Dessen Titel ist ein Leitmotiv der Powerfrau: „Erfolg ist eine Frage der Haltung.“ (Ariston-Verlag, 256 Seiten, 19,99 Euro).

Eigentlich wollte ja ihr Vater die überwältigenden Erlebnisse aus Peking zu Papier bringen. Doch als der kessen Tochter das Manuskript in die Hände fiel, sagte sie: „Nee, Papa, das mach’ ich selber!“ So schrieb Britta Heidemann also neben ihrem Trainings-, Wettkampf- und Berufsalltag einen Ratgeber mit Tipps und Kniffen darüber, wie jeder das Beste aus sich herauszuholen vermag.

"Es kommt auf die Haltung an"

Fechten wird zur Allegorie auf das Leben. Ein Kampf, der jedem von uns täglich Entscheidungen abverlangt, indem wir uns unseren Ängsten stellen müssen und unseren Gegnern. Dieser Kampf ist oft nicht bequem und immer erfolgreich schon gar nicht. Aber, findet Heidemann: „Es kommt auf die Haltung an. Wie kann ich mich den Aufgaben des Lebens stellen und habe dabei noch Spaß?“

Einen Masterplan für ihr vibrierendes Leben hat sie sich nie zurechtgelegt, sie hält es eher mit den Chinesen („Das Leben ist im Fluss, es bringt einen schon dahin, wo man sich wohlfühlt“) und steckt sich lieber Teilziele, denn: „Wer einen Masterplan fasst und den am Ende nicht erfüllt – der kann doch eigentlich nur enttäuscht sein, oder?“

London 2012 im Hinterkopf

Lieber in Etappen denken, so erspart Heidemann sich Verdruss. Diese Woche steht also nicht so sehr der Gewinn der Goldmedaille wie 2007 im Vordergrund, der nach einem schwachen Wettkampffrühjahr inzwischen wieder in Reichweite scheint. Es geht vielmehr um die Qualifikation für Olympia in London 2012. Um den komplizierteren Weg über eine Qualifikation zu vermeiden, möchte Heidemann mit der Degenmannschaft möglichst viele Ranglistenpunkte holen, um zum Stichtag 31. März 2012 unter den besten vier Nationen der Welt zu stehen.

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Sie sagt: „Ich hoffe sehr darauf, dass wir wieder in die Medaillenränge kommen. Die WM ist das Mittel zum Zweck. Das Wichtigste ist die Qualifikation für die Spiele.“ 2012 will sie dann ihre famose Leistungsfähigkeit von Peking bestätigen.

Heidemanns großer Stellenwert

„Britta hat eine tolle Entwicklung gemacht, sie hat es vor drei Jahren verstanden, ihren mit Ansage gemachten Olympiasieg umzusetzen. Ich drücke ihr fest die Daumen, dass sie in Catania und dann auch in London noch einmal eins draufsetzen kann“, sagt Gordon Rapp. Als Präsident des Deutschen Fechter-Bundes weiß er besonders um den Stellenwert Heidemanns, die in der Öffentlichkeit gern als „Gesicht des deutschen Fechtsports“ – wahlweise mit dem Attribut „attraktives“ – hofiert wird.

Rapp sagt: „Britta Heidemann hat ein hervorragendes Konzept. Aber: Jeder muss für sich entscheiden, wie sehr er in der Öffentlichkeit stehen will. Benjamin Kleibrink (Florett-Olympiasieger von 2008, d.Red.) zum Beispiel hat einen anderen Weg gewählt. Was mir wichtig ist: Beide haben dafür gesorgt, dass der Fechtsport Gesichter hat, an denen sich unser Nachwuchs orientieren kann.“

Für Britta Heidemann ist allein das eine lohnende Motivation. Sie sagt: „Ich freue mich, die Möglichkeit zu haben, meine Botschaften zu senden. Es ist immer toll, wenn Menschen sich bestätigt sehen durch das, was ich sage. Ich habe Freude daran, etwas zurückzubekommen in meinem Sport. Es ist eine Art von Payback an mich.“

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