Ab in die Mitte! Deutsche Olympiahoffnung (3):Offensiv und unverhüllt

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Die Wildwasserkanutin Jennifer Bongardt brachte es schon zu WM-Gold und sich selbst in den Playboy. In Peking muss sie allerdings mit einigen Launen fertig werden.

Dominik Prantl

Zuletzt hat sich Jennifer Bongardt mit dem größten sportlichen Ziel ihres Lebens kaum mehr beschäftigt. Denn obwohl die Olympischen Spiele zeitlich immer näher rückten, und ihr ganzer Tagesablauf danach ausgerichtet war, "kam mir doch immer zu viel dazwischen, um wirklich darüber nachzudenken." Nur in den raren ruhigen Momenten ist sie ein wenig nach Peking geschweift, hat skeptisch geträumt, und wenn sie an diesem Wochenende nun wirklich nach China fliegt, glaubt sie, dort auch mental endlich anzukommen: "Wenn ich erst einmal da bin, freu' ich mich schon auf die Spiele."

"Ich muss mich ja nicht verstecken": Die Wildwasserkanutin und Favoritin auf Gold Jennofer Bongardt. (Foto: Foto: Getty)

Genau genommen hat ihre Reise nach Peking schon vor fast 17 Jahren begonnen, an jenem 7. September 1991 nahe der Wildwasserstrecke in Hohenlimburg bei Hagen. Als achtjähriges Mädel sei sie - wahrscheinlich mit ihrer charmant-zielstrebigen Fröhlichkeit -, zum dortigen Trainer mit dem Wunsch gegangen, Kanutin zu werden. "Das war erst ab neun Jahren möglich. Ich habe mich dann gefreut und ihm gesagt, dass ich am nächsten Tag wieder käme. Das war nämlich mein Geburtstag." Als wollte sie schon damals keinen einzigen Tag auf ihrem Weg in die Weltspitze verschwenden.

Im Jahr 2000 reüssierte sie als Juniorenweltmeisterin, seit einigen Jahren zählt sie zu den besten Slalomkanutinnen, im vergangenen wurde sie als Weltranglistenerste Weltmeisterin in der Disziplin Einer-Kajak. Längst ist sie auch durch so manches Tal geschwappt worden, was Sportler erst vervollständigt. 2002 unterzog sie sich nach der zweiten Luxation der Schulter einer Operation, zwei Jahre später endete ihr Ausflug zu den olympischen Spielen nach Athen auf einem enttäuschenden neunten Rang.

Nicht einmal zwei Kanutinnen pro Nation

Inzwischen hat sie sich dank ihres Ehrgeizes ("Ich gehe auch paddeln, wenn ich mal keinen Bock habe") zur prominentesten Vertreterin ihrer so selten beachteten Sportart entwickelt, auch, weil sie als Galionsfigur die Selbstvermarktung nicht scheut. Als sie vom Männermagazin Playboy im vergangenen Jahr die Offerte erhielt, sich einmal ohne Schwimmweste, Helm und Paddel der Öffentlichkeit zu präsentieren, "überlegt man sich so ein Angebot sicher nicht zehnmal. Ich muss mich ja nicht verstecken." Ähnlich unverhüllt urteilt sie über das harte Regelwerk zur Qualifikation für Olympia: "So kann man den Sport nicht fördern, wenn nicht einmal zwei Startplätze pro Nation rausspringen." So blieben nun auch einige "sehr gute Sportler daheim".

Vielleicht ist gerade diese Offensive ihre große Stärke, das jugendlich Unverblümte, mit der sie die Dinge angeht. Während viele Sportler die Favoritenrolle scheuen wie das Formtief, sagt Bongardt: "Ja, ich bin schon die Favoritin." Dabei ist es im Kanuslalom ein ziemliches Lotteriespiel, die Favoritenrolle zu verteilen, weil die Launen des Wassers selbst die dominierendsten Sportler weit nach hinten spülen können. Die in Augsburg trainierende Bongardt war bereits zwei Mal zur Besichtigung der Strecke in Peking: "Sehr schwer, sehr wuchtig", sagt sie und es klingt wie: unberechenbar.

Aber schließlich gibt es andere, berechenbare Größen in ihrem Leben. Im September wird sich die Soldatin bei der Bundeswehr ausmustern lassen und die Ausbildung bei der Bundespolizei antreten. Wie lange sie ihrem Sport treu bleibt? "Vier Jahre auf jeden Fall. Manche der Mädels paddeln ja noch mit 40."

Sie hat wirklich "Mädels" gesagt.

"Ja, ich bin schon die Favoritin", sagt Jennifer Bongardt. Im Kajak-Einer will die 25-Jährige Olympia-Gold gewinnen. Wer kann ihr dabei gefährlich werden?

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