Zum Inhalt springen

Interview mit Nadja Auermann "Ich habe nichts gegen Nacktheit"

In dem Bildband "Nadja" nähern sich 20 Meisterfotografen dem deutschen Fotomodell Nadja Auermann. Mit SPIEGEL ONLINE spricht sie über Mode, Macken und Mutterfreuden.
Von Sven Siedenberg

SPIEGEL ONLINE:

Waren Sie die letzten drei Jahre im Erziehungsurlaub?

Nadja Auermann: So kann man das sagen, ja.

SPIEGEL ONLINE: Weil Sie keine Lust mehr auf Ihren Job als Model hatten?

Auermann: Ja, vielleicht war das auch ein Grund für meinen Kinderwunsch, weil mir die Leidenschaft für meinen Beruf verloren gegangen ist. Es gab immer wieder Phasen, wo ich gerne mal für ein halbes Jahr eine Pause gemacht hätte. Das geht in dieser Branche aber nicht. Dann heißt es gleich, dass man was mit Drogen zu tun hat oder magersüchtig oder eben schwanger ist. Die Pause fiel mir auch deshalb nicht schwer, weil ich - was meine Karriere angeht - vorher genug für mein Selbstbewusstsein getan hatte. Eigentlich war mein Ego- und Selbstverwirklichungstrip bereits mit 25 Jahren abgeschlossen.

SPIEGEL ONLINE: Und jetzt feiern Sie Ihr Comeback ganz ohne Ego-Antrieb?

Auermann: Ich mag das Wort Comeback nicht, weil es einen unter Druck setzt. Ich möchte eigentlich nicht wieder so einen Stress haben wie vor der Geburt meiner beiden Kinder. Da habe ich teilweise den ganzen Monat durchgearbeitet. Deshalb hatte ich die letzten Jahre auch nur noch wenig Spaß an meinem Beruf. Jetzt mache ich wieder gerne gute Jobs.

SPIEGEL ONLINE: Das soeben erschienene Buch "Nadja", worin 130 Bilder von 20 Fotografen versammelt sind, dokumentiert eine enorme Wandlungsfähigkeit.

Auermann: Ja, ich war selber überrascht von der Unterschiedlichkeit der Bilder.

SPIEGEL ONLINE: Mit dabei sind ältere Fotografen wie Helmut Newton, mittelalte wie Ellen von Unwert und junge wie Mario Sorrenti. Kann man den Generationenunterschied in der Bildsprache festmachen?

Auermann: Ich glaube nicht. Jeder hat einen ganz individuellen Blick. Das ist auch das, was mich an meinem Beruf fasziniert: Dass jeder Fotograf eine andere Frau aus mir herausholen kann.

SPIEGEL ONLINE: Gibt es ein Lieblingsfoto?

Auermann: Ich finde alle Fotos in dem Buch sehr ausdrucksstark. Peter Lindberg fotografiert mich ja eher natürlich. Ich mag mich. Deswegen mag ich auch seine Bilder, sie sind wie Porträts. Ich mag mich aber auch geschminkt, deswegen mag ich auch das Coverbild von Ellen von Unwerth sehr gerne: Das drückt eine Stärke aus, die ich gerne immer haben möchte. Sehr schön finde ich auch das Bild von Seb Janiak, wo mein Gesicht ganz schwarz ist. Ich fand immer, dass ich eher die Statur einer Schwarzen habe. Das liebe ich an der Modefotografie: Dass sie einem die Möglichkeit gibt, sich zu inszenieren.

SPIEGEL ONLINE: Verkleiden Sie sich gerne?

Auermann: Kommt darauf an. Es gibt auch Outfits, die mir nicht stehen.

SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel?

Auermann: Früher, als ich noch mehr Babyspeck im Gesicht hatte, da stand mir Lidstrich überhaupt nicht. Ich fand, dass ich dadurch so einen Silberblick bekam. Klamotten mit Rüschen stehen mir nicht so, das ist eher etwas für kleinere Frauen. Für Frauen, die niedlich aussehen. Ich finde nicht, dass ich niedlich aussehe.

SPIEGEL ONLINE: Sie reden ungern über ihr Privatleben. Warum?

Auermann: Warum sollte ich? Ich stehe eh schon genug im Licht der Öffentlichkeit. Ich hatte mal einen schwedischen Freund. Bei unserem ersten Rendezvous lauerte uns ein Paparazzo auf. Das fand ich schrecklich, weil die Leute dann gesehen haben, wie ich aussehe, wenn ich flirte.

SPIEGEL ONLINE: Was kommt nach dem Modeln?

Auermann: Keine Ahnung.

SPIEGEL ONLINE: Sie könnten ins Schauspielfach wechseln, zweimal haben Sie ja schon in einem Musikvideo mitgewirkt.

Auermann: Wenn ich ein tolles Filmangebot bekäme, würde ich das sicher nicht ausschlagen. Es ist aber schwierig, weil man als Model viel kritischer beäugt wird. Die Leute wollen nicht, dass ein Model schön ist, bewundert wird und dann auch noch eine tolle Schauspielerin ist. Aber ich bin sowieso eher ein schüchterner Mensch. Eine Liebes- oder Nacktszene vor laufender Kamera - das würde mir eher schwer fallen.

SPIEGEL ONLINE: Würden Sie für den Playboy posieren?

Auermann: Ich habe nichts gegen Nacktheit. Im Moment kann ich mir das aber nicht vorstellen. Vielleicht später einmal. Ich habe gelernt, mich nicht auf irgendetwas festnageln zu lassen.

SPIEGEL ONLINE: Gibt es eigentlich Fotografen, von denen Sie sich nicht fotografieren lassen würden? Würden Sie sich zum Beispiel von Thomas Ruff ablichten lassen, der einen ausgeprägten Mut zur Hässlichkeit hat?

Auermann: Solche Fotos gibt es doch von mir! Jürgen Teller ist auch ein Fotograf, dessen Bilder teilweise sehr roh sind. Trotzdem mag ich seinen Blick auf mich. Aber natürlich habe ich nichts dagegen, wenn ich schön auf den Bildern aussehe. Ich stelle lieber schöne Frauen dar als Quasimodo-Typen.

Mehr lesen über