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ARD-Film „Abenteuer Weihnachten“ Maria Furtwängler: In der Kindheit ist ihr das Christkind erschienen

Von Daniel Benedict | 08.12.2023, 06:04 Uhr | Update am 11.12.2023

Maria Furtwängler wird lustig: In der Komödie „Abenteuer Weihnachten“ erlebt die 57-Jährige ein ebenso chaotisches wie diverses Familienfest. Was Christi Geburt ihr im wirklichen Leben bedeutet, erzählt die Schauspielerin im Interview.

Millionen von Tatort-Zuschauern kennen Maria Furtwängler als Kommissarin. Aber die 57-Jährige ist auch hinter der Kamera aktiv: In der Komödie „Abenteuer Weihnachten: Familie kann nie groß genug sein“ hat sie nicht nur eine Hauptrolle übernommen; als Produzentin hat Furtwängler den Stoff auch selbst entwickelt. Vor der Ausstrahlung am 15. Dezember haben wir mit ihr über Familienfeste unterm Tannenbaum gesprochen.

Frau Furtwängler, Ihr Weihnachtsfilm heißt: „Abenteuer Weihnachten – Familie kann nie groß genug sein.“ Ist das auch der Satz, mit dem Sie von Ihren erwachsenen Kindern endlich Enkelkinder einfordern?

Das nicht – aber der Satz stimmt trotzdem für mich. Wir sind auch eine große Patchwork-Familie und an Weihnachten kommen alle: meine Stiefmutter, meine Halbbrüder, mein Bruder mit der dritten Frau, meine Mutter. Außerdem muss man die Türen immer für einsame Herzen öffnen, die vielleicht gerade eine Trennung hinter sich haben. Es ist jedes Jahr ein großes Durcheinander und ich liebe es.

Findet die Feier immer bei Ihnen statt? Wenn das feststeht, ist ein zentraler Konfliktherd ja schon mal ausgeklammert.

Ja, seit vielen Jahren ist es immer bei mir zu Hause. Die Ausrichterin hat natürlich die größte Mühe – aber auch die Chance, dann alles so zu machen, wie es ihr am liebsten ist.

Wie Maria Furtwängler das Jesuskind erschien

Auf die Frage, ob sie Weihnachten mit den Enkeln feiert, hat Rosamunde Pilcher mal gesagt: Natürlich nicht, sonst ist es doch kein Fest mehr. Was finden Sie schöner: Weihnachten mit Kindern oder Weihnachten mit erwachsenen Kindern?

Na, also, natürlich ist das Schönste das Leuchten in den Kinderaugen. Da fühlt man sich an die eigene Kindheit erinnert. Ich erinnere mich, dass ich das Christkind in meiner aufgeregten Erwartung und Hoffnung einmal sogar wirklich gesehen habe. Wie alt werde ich da gewesen sein, vielleicht so vier oder fünf. Ich war wohl etwas zu früh ins Weihnachtszimmer gegangen und habe das Christkind dann gerade noch raushuschen sehen.

Sie haben das Christkind gesehen? Das echte?

Ich habe es wirklich gesehen. Das war sicher eine Vision, aber eine tolle und eindrucksvolle. Und für mich war es eine sehr materielle Wahrnehmung, die ich nicht infrage gestellt habe. Heute würde ich ein zweites Mal darüber nachdenken, ob es wirklich das Christkind war. Damals konnte ich mir das so fest vorstellen und glauben, dass ich es wirklich gesehen habe. Ich zehre heute noch davon.

Ihr Film inszeniert eine manifeste Weihnachtskatastrophe, was zum Genre ja auch dazugehört. Haben Sie schon mal eine im wirklichen Leben erlitten?

Die Komödie überhöht die Dramen. Aber natürlich ist es eine Realität, dass Weihnachten herausfordert – weil das Fest mit enormen Erwartungen verbunden ist. Alle hoffen auf Harmonie und Freude und gleichzeitig bringt jeder sein Päckchen an Ärger und Konflikten mit. Gerade innerhalb der Familie – die kann ich mir ja nicht aussuchen. Und dazu dann noch der ganze Stress der Vorbereitung. Weihnachten ist ein großer Hürdenlauf. Auch ich habe Enttäuschungen erlebt, Katastrophen aber bisher nie. Das gibt es bei mir nur im Film – und in unserem sind es die Kinder, die den Erwachsenen ein Stoppschild vorhalten. Und die sich einfach aus dem Staub machen und die Eltern mitsamt ihrem Egoismus hinter sich lassen. 

Für manche Leute, mich eingeschlossen, ist Weihnachten einer der wenigen Anlässe, sich als Sänger zu versuchen. Gehören Weihnachtslieder für Sie dazu?

Singen ist für mich mit das Schönste überhaupt. Mit einer Freundin und einem Freund habe ich seit einigen Jahren eine Tradition: Wir treffen uns erst im kleinen Kreis und üben mehrstimmig – und dann noch mal mit dem ganzen Freundeskreis, mit einer Freundin am Klavier und einem weiteren Freund, der professionell singt. Es gibt nichts Schöneres, als wenn unsere Stimmen dann ineinandergreifen. Weihnachten ohne Lieder wäre gar keins. Mit Freunden singe ich gern auch gewagte Duette, auch solche weit außerhalb meiner Möglichkeiten.

Mehr Informationen:

Maria Furtwängler wird am 13. September 1966 in eine Münchner Filmfamilie geboren. Ihre Mutter Kathrin Ackermann ist Schauspielerin, ihr Onkel Florian Furtwängler Regisseur, ihr Großonkel der Dirigent Wilhelm Furtwängler. Schon im Grundschulalter tritt sie in seinem Fernsehfilm „Zum Abschied Chrysanthemen“ auf. Furtwängler lässt sich zur Ärztin ausbilden und dreht parallel weiter für das Fernsehen, um sich Anfang des Jahrtausends nur noch auf das Schauspiel zu konzentrieren. 2002 übernimmt Furtwängler die Rolle der „Tatort“-Kommissarin Lindholm. 1991 heiratet sie den Verleger Hubert Burda, 2022 gibt das Paar seine Trennung bekannt. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor. Mit ihrer Tochter Elisabeth ruft Furtwängler die MaLisa Stiftung ins Leben, die sich mit dem Bild auseinandersetzt, das Medien von Frauen und dem Klimawandel zeichnen. Furtwänglers „Abenteuer Weihnachten“ läuft 15. Dezember um 20.15 Uhr im Ersten.

Wie Maria Furtwängler sich vor Weihnachten einsingt

Beim Streamingdienst Spotify gibt es einige Songs von Ihnen, ein paar aus dem Soundtrack des älteren Films „Nachts baden“ und dann noch ein Duett mit Ihrem „Tatort“-Gaststar Udo Lindenberg. Ist nicht langsam ein eigenes Album fällig?

Doch – ich kann mich nur nicht entscheiden, wo ich den Plattenvertrag unterschreibe. Sony? Warner? Alles schlagen sich die Köpfe ein. Das ist natürlich ein Witz. An den Songs können Sie beides ablesen: Dass ich wahnsinnig gern singe. Aber auch, dass mein Talent nicht überbordend ist. Gerade ist wieder eine Anfrage reingekommen, die auch was mit Singen zu tun hat. Und gerade das Singen ist es, weswegen ich schwach werden könnte. Die Vorstellung, für einen Film tiefer in die Musik einzusteigen, macht ein Projekt für mich sehr attraktiv.

Wie oft Maria Furtwängler noch Fernsehen guckt

Gucken Sie an den Feiertagen Weihnachtsfilme?

Ein Dauerbrenner ist für mich „Tatsächlich Liebe“, dieser Episodenfilm mit all den großen Stars: Hugh Grant, Emma Thompson … Aber es gibt auch hübsche deutsche Filme, „Meine schöne Bescherung“ zum Beispiel mit Martina Gedeck und Heino Ferch.

Das Weihnachtsprogramm im Fernsehen verliert insofern an Bedeutung, als immer mehr Leute streamen. Gucken Sie noch viel linear?

Ja, schon berufsbedingt – ich gucke allerdings das lineare Programm meist zeitversetzt in den Mediatheken, später am Abend oder am Tag danach. Mich interessiert schon sehr was die öffentlich-rechtlichen Sender zeigen – nur eben nicht immer genau dann, wenn es läuft.

Wie Maria Furtwängler zu ihrer 80er-Jahre-Dauerwelle steht

In den 80ern haben Sie in einer Serie mit dem großartigen Titel „Die glückliche Familie“ mitgespielt, und zwar die Tochter von Maria Schell und Siegfried Rauch. Wie sah damals eine glückliche Familie im Ersten aus? Und was davon kommt uns heute komisch vor?

Komisch vorkommen würde uns meine Dauerwelle, die war Pflicht. Komisch waren auch die Karotten-Jeans, mit denen wir unsere Figur vernichtet haben. Was die Familie angeht: Die Konflikte waren immer schon dieselben. Ich erinnere mich an einen Streit um ein hässliches Hochzeitskleid. Würde das nicht immer noch funktionieren? Bei den Mädels auf Tiktok geht es heute sogar darum, ob sein Verlobungsring auch wirklich drei Monatsgehälter wert ist. Vieles kommt mir heute eher spießiger vor als in den 80ern. Aber natürlich sahen Fernsehfamilien damals anders aus.

Weniger divers, meinen Sie.

Unser Weihnachtsfilm erzählt sehr beiläufig eine lesbische Beziehung, es gibt einen Samenspender. Das wäre in den 80ern noch kein Thema gewesen. Und dann war „Die glückliche Familie“ sehr weiß. Das wäre heute auch anders, auch weil die Realität eine andere ist. 

Wie Maria Furtwängler für Diversität im Fernsehen kämpft

Mediale Rollenbilder sind auch das Thema Ihrer MaLisa-Stiftung, mit der Sie Fernseh- und Online-Angebote wissenschaftlich durchleuchten. Schlägt sich das in Ihrer Arbeit als Schauspielerin und Produzentin nieder?

Die Stiftung hat mich natürlich sensibilisiert. Ich lese Drehbücher inzwischen anders; als Schauspielerin kann ich auf Dinge aufmerksam machen, aber nicht viel ändern – außer eine Rolle ablehnen, die mir zu eindimensional ist. Als Produzentin nehme ich viel mehr Einfluss. Das beginnt mit der Frage, wer die Geschichte erzählt. Den Autor, die Regisseurin – die suche ich ja aus. Auf der Ebene der Figuren geht es mir dann nicht nur um „dolle“ oder starke Frauen, sondern vor allem um komplexe Frauenfiguren. Und auch um modernere Männerfiguren, vielleicht sogar um ganz neue Vorbilder.

Ich habe inzwischen von mehreren Filmemachern gehört, dass Fernsehredaktionen beim Thema Diversität dogmatisch denken und bestimmte Projekte nur bei den Streamern zu realisieren sind. Was antworten Sie auf diese Kritik?

Vielleicht kommt manchmal das Gefühl auf: Wir reden schon so lange über Gleichberechtigung, jetzt ist es doch langsam mal gut. Es ist aber noch lange nicht gut. In unserer aktuellen Studie ging es nicht um Geschlechterrollen; wir haben untersucht, wie der Klimawandel im Fernsehen thematisiert wird. Nebenbei haben wir gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut über Gesichtserkennung trotzdem noch das Geschlecht aller Personen auf dem Schirm analysiert: Frauen sind, obwohl wir die Hälfte der Gesellschaft sind, nur halb so viel zu sehen wie Männer. Natürlich verstehe ich auf einer individuellen Ebene, wenn männliche Regiekollegen sich benachteiligt fühlen, weil die Angebote weniger werden. Und trotzdem sind wir sowohl hinter als auch vor der Kamera von einer Gleichberechtigung weit entfernt. Es dreht sogar eher noch zurück.

Ihre Studie hat ergeben, dass Klimawandel und Artensterben in fiktionalen Formaten beinah unsichtbar sind. Wie könnte das Thema in der Unterhaltung denn aussehen?

Gerade in der Fiktion wollen wir ja immer authentisch und nah an den Leuten sein. In Wahrheit entfernen wir uns von den Zuschauern, weil wir diese Realitäten ausblenden. Eine Kollegin hat gerade im Harz gedreht. Im Hintergrund war ein abgestorbener Fichtenwald zu sehen, der wurde nachbearbeitet und wieder grün gemacht. Man kann den Leuten offenbar nicht zumuten, wie scheußlich die Welt aussieht. In der Wirklichkeit anzukommen, ist eine Aufgabe an uns Programmmacher. Wir müssen uns fragen, wie wir diese Veränderungen erzählen.

Wie Maria Furtwängler den Klimawandel ins Fernsehen bringen will

Der ARD-Chef Kai Gniffke positioniert die Unterhaltung gerade als Gegenpol zur Realität. Würde die ARD sich auf Information beschränken, sagt er, liefen bald nur noch Klimawandel, Krieg und Konflikten und das Erste wäre „ein Spartenkanal für Misanthropen“. Wie zeigt man hässliche Realitäten unterhaltsam?

Ganz bestimmt nicht, indem wir nur noch Weltuntergangsgeschichten erzählen; da wäre ich dagegen. Aber warum sollte eine Verfolgungsjagd über die Dächer nicht an Solar-Panelen vorbeiführen? Wenn meine „Tatort“-Kommissarin zu den Leuten nach Hause kommt, was liegt bei denen auf dem Grill? Müssen das Würstel sein? Oder könnten die auch mal was Anderes essen? Ich erteile meinen Figuren kein Fleischverbot – aber auch über diese Szenen kann ich eine bestimmte Wirklichkeit miterzählen. Fiktion hat eine große Wirkmacht, gerade, wo es um Coolness geht: Müssen wir Erfolg anhand von Männern schildern, die vom SUV in die Jacht umsteigen? Oder finden wir neue Bilder?

Den Öffentlich-Rechtlichen wird zurzeit, teils sehr aggressiv, ideologisches Denken vorgeworfen. Kommt etwas von dieser Wut bei Ihnen an, weil Sie mit der ARD assoziiert werden?

Das trifft sicher mehr die Kollegen aus der Information, weniger uns in der Unterhaltung. Dennoch gehe ich sehr offensiv in die Debatte, wenn es darum geht die Öffentlich-Rechtlichen zu verteidigen. Gegen Polemik helfen Fakten. Ich habe kürzlich eine Untersuchung zum Thema Migration gelesen: Am häufigsten lassen ARD und ZDF hier die CDU/CSU zu Wort kommen. Der Eindruck einer links-grünen Berichterstattung stimmt nicht. Und was Klimawandel und Artensterben angeht: Auch wenn es eine Minderheit gibt, die immer noch daran zweifelt, kann ein Sender das doch nicht ausblenden. Die Öffentlich-Rechtlichen müssen die Demokratie erhalten. Und dafür müssen sie aussprechen, was da auf uns zukommt. Ich bin froh, dass wir Sender haben, die nicht mit Stimmungen mitgehen, sondern mit der Wissenschaft.

Wie man gleichzeitig vor und hinter der Kamera ist

Wenn man wie Sie Darstellerin und Produzentin zugleich ist, wer hat dann das Sagen? Können Sie der Regisseurin bei der dritten Wiederholung sagen: Jetzt wird’s zu teuer, nächste Szene!

Sicher nicht. Sobald ich als Schauspielerin am Set bin, gebe ich die Rolle der Produzentin ab. Da kann ich nicht darüber nachdenken, ob wir in die Überstunden gehen, sondern verlasse mich auf meine zauberhafte Regisseurin Mirjam Unger. Die Frau weiß, was sie tut.

Können Sie schildern, wie Sie als Produzentin in so ein Projekt reingehen? Hatten Sie die Grundidee und dann alle anderen Kollegen dazugeholt?

Ich liebe Genre-Filme und besonders dieses Genre: die Weihnachtskomödie. Ich liebe auch Weihnachten. Dazu kam dann die Idee einer Patchwork-Familie. Mit diesem Grundkonzept sind wir auf unseren Autor Martin Rauhaus zugegangen, der das kongenial umgesetzt hat. Um einen Film allein zu stemmen, ist unsere Firma zu klein. Also haben wir uns eine größere Produktionsfirma als Partner gesucht – in Österreich, wegen der Drehorte. Und ab dann konnte ich alle Sorgen um Überstunden einfach abgeben. Auch die Besetzung habe ich meiner Regisseurin überlassen.

Dass Sie selbst mitspielen, stand vermutlich trotzdem fest. Wieso haben Sie sich für die Rolle einer Ratgeber- und Bestsellerautorin entschieden?

Ratgeberbücher von Menschen, die nicht unbedingt eine sehr lange Ausbildung hinter sich haben, verkaufen sich im Moment recht gut. Und da habe ich Spaß an einer Prophetin, die in der eigenen Familie nicht gehört wird, einen Tobsuchtsanfall bekommt und am Ende mit all ihren Ratschlägen bricht, um den Leuten einfach mal den Kopf zu waschen. Das bräuchten wir vielleicht alle mal.

Frau Furtwängler, Ihr Weihnachtsfilm inszeniert eine weiße Weihnacht, wie ich sie seit Jahrzehnten nicht erlebt habe. Reichte es, dafür einfach in die Berge zu fahren? Oder mussten womöglich auch Sie mit ein paar digitalen Tricks nachhelfen?

Wir hatten Riesenglück. Einen Tag, bevor wir mit den Kindern in den Bergen gedreht haben, hat es unfassbar geschneit. Dann kam die Sonne raus. Es sah genauso aus, wie man sich das vorstellt und als ich die Muster gesehen haben, schlug mein Herz höher. Aber es stimmt – dieses Sehnsuchtsbild konnten wir nur weit oben in den Bergen drehen und es lenkt womöglich von einer Realität ab, die anders aussieht.