Nach wochenlanger Aufregung um die äußerst geschmacklose Werbung eines Grazer Bordells am Schönaugürtel – Ministerin Susanne Raab hatte es als "unfassbar widerlich, frauenfeindlich und menschenverachtend" bezeichnet, die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr eine Anzeige eingebracht und sogar die deutsche "Bild"-Zeitung widmete dem "Plakat der Schande" einen Bericht – hat der Betreiber nun ein neues Plakat aufgehängt, in dem er noch provozierend nachlegt.

Der ursprüngliche Text, in dem "Mädchentester" gesucht waren, war von Unbekannten mit schwarzer Farbe übersprayt worden. Mittlerweile gibt es auf dem neuen Plakat einen neuen Text zu lesen. "Entschuldigen Sie uns bitte den Formfehler in unserer letzten Jobanzeige", steht geschrieben und weiter: "Wir stellen ein!!! LadiestesterInnen – männlich/weiblich/genderfluid/non binary". 

"Formfehler" im "Stelleninserat"?

Hintergrund des neuen Texts der "Stellenanzeige", die die Kleine Zeitung weiterhin bewusst nicht zeigt, dürfte auch eine Reaktion auf die rechtlichen Schritte gegen den Bordellbetreiber gewesen sein: In der Steiermark besteht laut Steiermärkischem Prostitutionsgesetz § 3 Abs. 4 Z 3 ein Verbot für "jegliche Art der Werbung für Bordelle und bordellähnliche Einrichtungen auf Plakatflächen, in Radio und Fernsehen sowie im Rahmen der öffentlichen Veranstaltung von Lichtspielen" mit Strafen von bis zu 7267 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 14.535 Euro. Rechtlich war es zunächst aber unklar, ob es sich in diesem Fall überhaupt um Werbung handelt, da der Text als Stellenanzeige formuliert war. Man hatte in Erwägung gezogen, dass eine Anzeige wegen eines Formfehlers im Stelleninserat tatsächlich die einzige rechtliche Möglichkeit gewesen sei, rechtlich gegen das Plakat vorzugehen.

Schließlich wurde der Betreiber aber doch wegen einer Vertretung gegen das Prostitutionsgesetz angezeigt – und das nun bereits zum zweiten Mal und direkt von der Grazer Bürgermeisterin: Elke Kahr hat am Montag eine neuerliche Anzeige bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde, der Landespolizeidirektion, eingebracht. Seitens der Polizei bestätigt man den Eingang, die Ermittlungen laufen.

Politikerinnen fordern Reform des steirischen Prostitutionsgesetzes

"Zu wünschen wäre, dass nicht nur in diesem Fall Konsequenzen folgen, sondern dass künftig generell Strafen möglich werden, die den Betreibern, die gegen das Prostitutionsgesetz verstoßen, wirklich wehtun – bis hin zur erzwungenen Schließung des Bordells", hieß es am Montag in einer Aussendung von Elke Kahr.

Für die Grazer Grüne-Vizebürgermeisterin Judith Schwentner kann es "nicht sein, dass ein solches Plakat in der Menschenrechtsstadt Graz sichtbar ist. Wir haben die moralische und rechtliche Pflicht, dagegen vorzugehen", so Schwentner schon am Sonntag in einer Aussendung. Die Grünen Steiermark fordern angesichts der neuen Plakate eine Gesetzesreform, da der Bordellbetreiber zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit mit widerlicher Werbung schockieren würde: "Wir brauchen endlich eine Reform des steirischen Prostitutionsgesetzes und wirksame Konsequenzen bei grob sittenwidrigen Gesetzesverletzungen."

"Seit 2015 liegt die grüne Forderung nach einem neuen Prostitutionsgesetz in einem Unterausschuss des Landtages", berichtet Landes-Klubobfrau Sandra Krautwaschl: Die vorsitzende ÖVP verweigere seit März 2020 die Aufnahme von Verhandlungen. "Ich hoffe, dass sie nach diesen drastischen Missständen endlich aufwacht", so Krautwaschl. Es zeige sich, dass das Werbeverbot bzw. die damit verbundene Verwaltungsübertretung für keinen ausreichenden Schutz der Gesellschaft sorge. "In Fällen grober Sittenwidrigkeit müssen der Entzug der Bewilligung und die Schließung des Betriebes möglich sein", fordert die Politikerin.

Frauenreferat zeigt Doku über Frauen in der Prostitution

Aus aktuellem Anlass zeigt das Referat Frauen & Gleichstellung der Stadt Graz in Kooperation mit dem Grazer Frauenrat die Dokumentation "PRECIOUS_LIEBEnsWERT" von Carola Mair: ein Film über Abhängigkeiten in der Prostitution, ungewollte Lebensentwürfe, die Arbeit im sowie den Aus- bzw Umstieg aus dem Rotlichtmilieu. Die Vorführung findet am 26. September* um 18 Uhr im KIZ Royal statt, anschließend gibt es eine Diskussion zum Thema Sexarbeit und Zwangsprostitution mit der Regisseurin, Manuela Chandler, Projektleitung SXA / Information für Sexarbeitende (Frauenservice Graz), und Christine Nagl (PiA Beratung für Sexarbeiterinnen). Anmeldungen unter frauen.gleichstellung@stadt.graz.at

Was man betont: In der Diskussion solle es nicht um die Plakate gehen, sondern um Themen wie Doppelmoral, Kriminalisierung und kriminelle Machenschaften, Rechte und die "Freiheit, frei zu sein".

*Ursprünglich war hier leider ein falsches Datum angegeben, richtig ist der 26. September.